Betäubungsmittelgesetz (BtMG) Siebenter Abschnitt.
Betäubungsmittelabhängige Straftäter
§ 35.
(1) Ist jemand wegen einer Straftat zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als
zwei Jahren verurteilt worden und ergibt sich aus den Urteilsgründen oder steht
sonst fest, daß er die Tat auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen
hat, so kann die Vollstreckungsbehörde mit Zustimmung des Gerichts des ersten
Rechtszuges die Vollstreckung der Strafe, eines Strafrestes oder der Maßregel
der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für längstens zwei Jahre
zurückstellen, wenn der Verurteilte sich wegen seiner Abhängigkeit in einer
seiner Rehabilitation dienenden Behandlung befindet oder zusagt, sich einer
solchen zu unterziehen, und deren Beginn gewährleistet ist. Als Behandlung gilt
auch der Aufenthalt in einer staatlich anerkannten Einrichtung, die dazu dient,
die Abhängigkeit zu beheben oder einer erneuten Abhängigkeit entgegenzuwirken.
(2) Gegen die Verweigerung der Zustimmung durch das Gericht des ersten
Rechtszuges steht der Vollstreckungsbehörde die Beschwerde nach dem Zweiten
Abschnitt des Dritten Buches der Strafprozeßordnung zu. Der Verurteilte kann die
Verweigerung dieser Zustimmung nur zusammen mit der Ablehnung der Zurückstellung
durch die Vollstreckungsbehörde nach den §§ 23 bis 30 des Einführungsgesetzes
zum Gerichtsverfassungsgesetz anfechten. Das Oberlandesgericht entscheidet in
diesem Falle auch über die Verweigerung der Zurückstellung; es kann die
Zustimmung selbst erteilen.
(3) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn
1. auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt worden
ist oder
2. auf eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren
erkannt worden ist und ein zu vollstreckender Rest der Freiheitsstrafe oder der
Gesamtfreiheitsstrafe zwei Jahre nicht übersteigt und im übrigen die
Voraussetzungen des Absatzes 1 für den ihrer Bedeutung nach überwiegenden Teil
der abgeurteilten Straftaten erfüllt sind.
(4) Der Verurteilte ist verpflichtet, zu Zeitpunkten, die die
Vollstreckungsbehörde festsetzt, den Nachweis über die Aufnahme und über die
Fortführung der Behandlung zu erbringen; die behandelnden Personen oder
Einrichtungen teilen der Vollstreckungsbehörde einen Abbruch der Behandlung mit.
(5) Die Vollstreckungsbehörde widerruft die Zurückstellung der Vollstreckung,
wenn die Behandlung nicht begonnen oder nicht fortgeführt wird und nicht zu
erwarten ist, daß der Verurteilte eine Behandlung derselben Art alsbald beginnt
oder wieder aufnimmt, oder wenn der Verurteilte den nach Absatz 4 geforderten
Nachweis nicht erbringt. Von dem Widerruf kann abgesehen werden, wenn der
Verurteilte nachträglich nachweist, daß er sich in Behandlung
befindet. Ein Widerruf nach Satz 1 steht einer erneuten Zurückstellung der
Vollstreckung nicht entgegen.
(6) Die Zurückstellung der Vollstreckung wird auch widerrufen, wenn
1. bei nachträglicher Bildung einer Gesamtstrafe nicht auch deren Vollstreckung
nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 zurückgestellt wird oder
2. eine weitere gegen den Verurteilten erkannte Freiheitsstrafe oder
freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung zu vollstrecken ist.
(7) Hat die Vollstreckungsbehörde die Zurückstellung widerrufen, so ist sie
befugt, zur Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder der Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt einen Haftbefehl zu erlassen. Gegen den Widerruf kann die
Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszuges herbeigeführt werden. Der
Fortgang der Vollstreckung wird durch die Anrufung des Gerichts nicht gehemmt. §
462 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend.